Zwischen Gegensatz und Gleichgewicht
Die Inszenierung in Lugano, schlicht und aufs Wesentliche reduziert, präsentiert wenige, jedoch bedeutende Werke. Die kuratorische Leistung, die sich auf ein schummriges Licht stützt, hebt die wesentlichen Aspekte der Werke hierbei optimal hervor.
In dieser Atmosphäre behandeln die Skulpturen und Fotogra en von Una Szeemann die verschwommenen Grenzen zwischen Sichtbar- und Unsichtbarkeit, sie sondieren die Grenzen zwischen Materie und Geist, die Gegensätze von Voll und Leer sowie das instabile Gleichgewicht zwischen Körperlichkeit und Erscheinungsbild. Ihre Arbeiten beziehen sich zum einen auf den Spiritismus Ende des 19. Jahrhunderts: Damit erinnern manche Arbeiten an Konzepte wie jenes des Ektoplasma mittels Darstellungen flüssiger und durchsichtiger Formen, die verdünnt vor dunklen Hintergründen auftauchen. Zum anderen arbeitet Szeemann mit visuellen Suggestionen, die das Auge und die Folgerichtigkeit mittels Enthüllungen und Verbergungen provozieren – und den Betrachter zum Nachdenken über Begriffe wie Abwesenheit und Anwesenheit provozieren.
Bohdan Stehlik vertieft dieselben Thematiken, indem er das Ungleichgewicht und die Veränderungen in der Beziehung zwischen dem Objekt und seiner Darstellung noch detaillierter untersucht. Eine komplexe Beziehung, die nur schwer in ihre einzelnen Teile zerlegt werden kann – so labil und trügerisch sind die Grenzen und Bedingungen, in denen sich Objekt und Darstellung manifestieren. Zwischen Asymmetrien und falschen Wiedergaben bezieht der Künstler den Betrachter mit ein, sei es auf Sinnes- oder auf spekulativer Ebene, und inszeniert so Werke, die die trügerischen Mechanismen unserer Wahrnehmung aufdecken.
Lediglich eine Arbeit wurde vierhändig umgesetzt, und sie fungiert als Kompendium der Überlegungen der zwei Künstler zu denselben Forschungsthemen. Es handelt sich um ein kleines Werk, das mit einer Realität spielt; ein Werk, das sich offenbart durch das, was nicht ist, und das sich hinter dem versteckt, was ist. So wird es zum Sinnbild für jenes Unsichtbare, das, um den französischen Philosophen Maurice Merleau-Ponty zu zitieren, «die Erhöhung und die Vertiefung des Sichtbaren ist».
Alessia Brughera